An der Schwelle einer neuen Zeit
Die Sozialdemokraten hatten 1889 ihren Einigungsparteitag. Eine aufregende Zeit: Neue Gesetze änderten das tägliche Leben. Alte Machtpositionen bröckelten, der soziale Fortschritt ist nicht mehr aufzuhalten. Die Arbeiter kämpften noch vor den Angestellten um ihre sozialen Rechte und bessere Arbeitsbedingungen.
Endlich ein eigenes Haus
Ein großes Fest für die Kaufleute des Vereins: die Eröffnung des eigenen Hauses in der Neutorgasse 57. Erst nachdem 25 Prozent der veranschlagten Baukosten gesammelt waren, wurde mit dem Bau begonnen. So wie vereinbart. In Rekordzeit gebaut, konnte das Haus im Oktober 1895 eröffnet werden. Die endgültigen Kosten für das "Haus der Kaufmannschaft" waren jedoch wesentlich höher als geplant. Der Verein musste also doch in die eigene Kasse greifen und Obmann Hans Dettelbach wurde mit heftigen Vorwürfen konfrontiert. Erst später - mit steigendem Wert des Hauses - wurde allen klar, dass sich die Investition des Obmanns gelohnt hat.
1. Weltkrieg - harte Prüfung für die Mitglieder
Für den Verein begann das neue Jahrhundert mit altbekannten Sorgen: Die Krankenkasse bilanzierte - nach kurzfristigen Problemen - zwar positiv, die Unterstützungskasse aber machte Schwierigkeiten. Die Vereinsführung beklagte, dass vor allem jüngere Mitglieder zu wenig weit denken und nicht in ausreichendem Maße bereit sind, sich eine Alters- und Invaliditätsversorgung zu sichern. Der Beginn des 1. Weltkriegs machte die geringfügige, mühsam erkämpfte Besserstellung der Angestellten wieder zunichte. Eine große Zahl von Kassenmitgliedern wurde zum Militärdienst einberufen. Daher wurden eine Einschränkung der Kassenleistungen und strengste Sparsamkeit empfohlen. Die Mitglieder bewiesen Disziplin und folgten den Empfehlungen der Vereinsleitung.
Mit einem Schlag ist das Geld weg
An die Substanz ging es erst nach Kriegsende. Die Donaumonarchie war zerfallen, Massenentlassungen und Lohneinbußen waren an der Tagesordnung. Die Inflation galoppierte: 1922 erreichten die Lebenshaltungskosten das 140.000-Fache des Nominalwertes der Vorkriegszeit. Der Verein stand zu seinen Grundprinzipien - der Neuaufbau begann.
Ära Preminger I
Obmann Isidor Preminger, schon länger im Verein, wusste genau, worauf es jetzt ankam. Sorgfältig ausgewählte Mitarbeiter, schnelle Entschlüsse, untrügliche Intuition. Die Schaffung der Pflicht- und Pensionsversicherungskassen stellte den Verein vor das Ende. Aber konsequente Arbeit, kluge Finanzoperationen und Innovationen in der Krankenversicherung führten aus der Krise. Isidor Preminger prägte den Weg des neuen Jahrhunderts. Er errichtete ein eigenes Krankenhaus in Eggenberg, mit bester Versorgung für 7.000 Mitglieder. Im Februar 1934 hieß es dann plötzlich "Ab sofort wird alles ganz anders werden." Die sturen Erfüllungsgehilfen des autoritären Regimes machten sich breit.
2. Weltkrieg - Es kommt noch schlimmer
Mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht brach der Ständestaat zusammen. Terror, Arisierung, Krieg. Der Kaufmännische Versorgungsverein entging knapp dem Vereinsauflösungsgesetz und wurde stattdessen nach reichsdeutschem Muster in eine Versicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit umgewandelt und hieß ab 1940 "Südmark - Wechselseitige Krankenversicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit".